Unter Jörg Haider ging's jedenfalls mit der FPÖ steil bergauf. Was er gut konnte, war immer wieder gesellschaftliche Trends zu erkennen und aufzugreifen. So räumte er bei den anderen Parteien ab, und nur so war das Wachstum der FPÖ möglich.
Mit Herbert Kickl hat die FPÖ heute auch einen sehr fähigen Obmann
Bei der Nationalratswahl 1945, der ersten nach dem 2. Wk., erhielt die ÖVP zwar nur 49,8 % der Stimmen aber durch die Wahlarithmetik die absolute Mehrheit der Mandate. Darob war die SPÖ ziemlich erschrocken, führte es aber hauptsächlich darauf zurück, dass noch viele Kriegsgefangene nicht heimgekehrt waren, was bestimmt mitgewirkt hatte.
Ich erinnere mich noch an die Plakate und Aufschriften an den Wänden bei den späteren Wahlen, an VdU, WdU und VO (Volksopposition = Kommunisten) – "AMI GO HOME" und "РУССКИ ДОМОЙ" waren keine Parteien. Die letzteren beiden zogen 1955 tatsächlich ab, aber nicht aufgrund zäher Verhandlungen, sondern weil von Anfang an geplant gewesen war, Österreich nur 10 Jahre zu besetzen. Das erfuhr ich einmal von einer sehr glaubwürdigen Zeitzeugin.
In der Folge bildete sich die FPÖ, aber nicht alles über ihr Zustandekommen ist nachzulesen. Auch hier sprang einmal die mündliche Überlieferung ein. Die Bildung der FPÖ wurde von einem SPÖ-Innenminister unterstützt, der hoffte, damit das bürgerliche Lager zu spalten, was tatsächlich bis zur Wahl im Jahr 1966 gelang, wo die ÖVP unter Josef Klaus dennoch die absolute Mehrheit errang. Damit fand die Ära der großen österreichischen Koalition ein Ende.
Ein Teil der österreichischen Wähler hielt die FPÖ für eine Partei der Mitte, die "das Zünglein an der Waage" darstellen könnte, sollten die beiden Großen nicht zusammenfinden, aber mehr hinter vorgehaltener Hand galt sie als "Nazipartei", was damals nicht den gleichen Schreck auslöste wie heutzutage. Damals wussten noch viele, was Nazi (noch ohne Plural-S) gewesen waren und viele davon etwa so freiwillig wie die, die sich heute gegen Corona impfen lassen, um gesellschaftlich nicht an den Rand gedrängt zu werden. Von unserem Geschichtsprofessor, der sich zum Sozialismus bekannte und von beiden Weltkriegen etwas mitbekommen haben dürfte, erfuhren wir, dass sich die Nazi nach dem Krieg abhängig vom Bundesland hauptsächlich auf die ÖVP und SPÖ aufgeteilt hatten. Die FPÖ wäre nicht groß genug dafür gewesen.
Während
der ÖVP-Alleinregierung gelang es Bruno Kreisky, in den
SPÖ-Bundesparteivorstand und schließlich zum Parteiobmann gewählt zu werden.
1970 erzielte Kreisky bei den Wahlen eine einfache Mehrheit, und indem er eine
Koalition mit der ÖVP ablehnte, erreichte er irgendwie Neuwahlen, die 1971
stattfanden. Wie es grundsätzlich weiterging, könnt Ihr in Wikipedia nachlesen,
aber es gab noch einige Kleinigkeiten, die dort nicht so herausgearbeitet sind.
Kreisky vereinbarte mit dem FPÖ-Obmann Friedrich Peter (dereinst Waffen-SS) mehr oder weniger eine
Koalition, falls er bei den Neuwahlen keine absolute Mehrheit erzielen würde,
und um der schwächelnden FPÖ die Chancen auf Überwindung der 5-%-Hürde zu
verbessern, ließ er die Zahl der Abgeordneten von 165 auf 183 erhöhen. Wie sich
herausstellte, hätte sich das erübrigt. Zum Dank stimmte die FPÖ später entgegen
ihrer Parteilinie für die Entkriminalisierung der Homosexualität.
Die Vereinbarungen zwischen Kreisky
und Peter wurden aktuell, als Kreisky, vom Ausgang der AKW-Abstimmung
beleidigt, zurücktrat und Fred Sinowatz (oder Sinnlosschwatz – O-Ton:
"Ich, als Historiker, ...") als seinen Nachfolger einsetzte. Für den kam
das so überraschend, dass er sich erst einen Anzug besorgen musste. In der FPÖ gab es zwischenzeitlich auch einige Rochaden, aus denen schließlich Jörg Haider als Obmann hervorging. Und von da an wurde es so richtig spannend. Der Jörgerle wollte nämlich nicht der SPÖ zur Seite stehen sondern die FPÖ als seine Partei aufziehen.
In diese Zeit fiel auch die Bundespräsidentenwahl, zu der ein gewisser Kurt Waldheim, dereinst von Bruno Kreisky zum UN-Generalsekretär aufgebaut, gegen einen SPÖ-Kandidaten anzutreten wagte und auch noch gewann. Hinter dieser Schmutzkampagne stand besonders der Herr Historiker, und auch sein Nachfolger auf dem Ballhausplatz – dieser hat nichts mit Sport zu tun –, Franz Vranitzky, mischte mit. Was da nicht alles aufgedeckt wurde, was aus der Zeit heraus gesehen nicht zu einer moralischen Verurteilung gereicht hätte! Der Waffen-SS hatte Waldheim jedenfalls nicht angehört wie der inzwischen ausgediente FPÖ-Obmann Peter. Und wer glaubt, Kreisky hätte, als er Waldheim zum UN-Generalsekretär machte, nicht dessen Lebenslauf punktgenau gekannt, der glaubt auch, dass die Erde flach sei. Aber es traf Waldheim so überraschend, dass er ungeschickt reagierte aber dennoch gewann und als Bundespräsident auf die US-Watchlist kam.
Der neue FPÖ-Bundesobmann Jörg Haider versuchte Stimmen zu gewinnen, wo die meisten zu holen waren, nämlich in der Arbeiterschaft, womit er in der SPÖ keine Freunde gewann. Da er sich gegen die Anwerbung billiger Arbeitskräfte stellte, mittlerweile auch aus der Türkei und osteuropäischen Staaten, denn auch die Sowjetunion war den Bach runtergegangen, bevor Waldheim aus dem BP-Amt schied. Jörg Haider wurde zum Neonazi ernannt, und es ging tatsächlich die Angst um, er könnte in Österreich eine Nazidiktatur errichten. Damals wurde die Bezeichnung "Rechtspopulist" modern, die heute im deutschen Sprachraum zur Alltagssprache gehört, zumindest in den Medien. Den Populismus hatte er von Österreichs Meisterpopulisten gelernt, Bruno Kreisky, mit dem er sich recht gut verstand, bevor er zum "bösen Buben" wurde.
Als der SPÖ-Bundeskanzler Viktor Klima Ende 1999 abgewählt wurde, hatte er es sehr eilig, nach Argentinien zu kommen. Nicht mal zur Scheidungsverhandlung kam er zurück. Gerd Schröder soll ihm jenen Posten bei VW jenseits des Atlantiks verschafft haben. Dabei waren die paar Milliönchen, um die es angeblich ging, noch Schilling, nicht Euro. Als daraufhin Haiders FPÖ auf dem zweiten Platz, gleich hinter der SPÖ landete, ging er eine Koalition mit Wolfgang Schüssels ÖVP ein. Für die SPÖ war das skandalös: "mit der Haider-FPÖ!" Die ersten, die mit der FPÖ koaliert hatten, waren dennoch die Roten gewesen.
Da die FPÖ nicht nur herzeigbare Mitglieder hatte, streifte Haider die später ab, indem er praktisch über Nacht das BZÖ (Bündnis Zukunft Österreich) gründete. Wie es weiterging, dürfte auch in Deutschland einigermaßen bekannt sein. Haider war intelligenter und dynamischer als die meisten österreichischen Politiker, hatte gute Verbindungen und begnügte sich nicht mit dem, was über die Massenmedien zu erfahren war. Er besuchte sogar Saddam Hussein und Muammar al-Gaddafi und wusste daher mehr, als man jemandem außerhalb der verschworenen Gemeinschaft zubilligte. Das kann gefährlich sein.
Ich selbst hatte nie eine besonders gute Meinung von der FPÖ, aber jetzt, wo Herbert Kickl der Obmann ist könnte eine wählbare Partei daraus werden. Aber schon läuft eine Schmutzkampagne gegen ihn los.
Köstinger: "Herbert Kickl hat mittlerweile Blut an den Händen"
https://kurier.at/politik/inla…-an-den-haenden/401838502
https://www.derstandard.at/sto…l-hat-blut-an-den-haenden