Für Freunde der klassischen Musik.

Zitat

Der erste Satz beginnt mit zwei Kanonenschüssen und läuft dann 15 Minuten lang durch, ohne Unterbrechung, lediglich mit kurzen retardierenden Momenten, Verschnaufpausen, die der Held auf dem Schlachtfeld einlegen muß. Nie mehr danach, ausgenommen vielleicht in der Hammerklaviersonate, hat Beethoven einen derart ausgedehnten einzelnen Satz komponiert. So lange, etwas mehr als 15 Minuten, die Spannung durchzuhalten, hat etwas mit Potenz zu tun, allerdings einer kreativen, nicht genitalen.

Einige Jahrzehnte vor der Eroica (1803) gab Mozart ein vielleicht noch extremeres Beispiel kompositorischen Durchhalte- und Steigerungsvermögens, in Le Nozze di Figaro, uraufgeführt 1786.

Das erste Finale beginnt mit einem Ehekrach zwischen Graf und Gräfin (*Susanna, or via sortite*), aus dem sich über knapp 30 Minuten lang eine Szene nach der anderen entwickelt.

Immer mehr Personen kommen auf die Bühne, aus dem Duett wird ein Terzett, Quartett, Quintett, zuletzt Septett.

Man hat den Eindruck, als würde Mozart immer mehr die Schrauben anziehen. Das Tempo steigert sich bis zum gerade noch Ausführbaren, bis zusammen mit dem szenischen und musikalischen Höhepunkt im genau richtigen Moment der Vorhang fällt.

Harnoncourt über Beethovens Egmont-Ouvertüre, danach Schubert. Egmont ist eine Figur, die gegen Besatzer kämpft, aber scheitert, also etwas sehr Aktuelles.

Interpretationsvergleich

Das gleiche Konzert jetzt so

Ich sag' mal nichts, damit jeder möglichst unvoreingenommen urteilen kann.

Wenn ich laufend in diesem Strang schreibe, obwohl ich natürlich weiß, wie gering das Interesse an diesem Thema ist, mache ich das, weil ich meine, auch über Mozart, Beethoven und Tschaikowsky kann man sich aus demokratischen Gehirnwäsche und Seelenzerstörung lösen.

Gibt's hier Säufer oder wenigstens Freunde des Rotweins? Dottore Dulcamara preist die therapeutischen Effekte seines Wunderelixirs, das jünger macht, Falten glättet und Schlaganfall verhindert, bei dem es ich aber um nichts anderes handelt als Rotwein in kleinen Flaschen; ein Sonderangebot, das zum Vorzugspreis verkauft wird.

Diese Arie hat etwas Kabarettistisches wie *Non piu andrai* (Le Nozze di Figaro) und das *Madamina, il catalogo è questo* (Don Giovanni), woran sich Gaetano Donizetti vielleicht orientiert hat, Schüler des bayrischen Komponisten Johann Simon Mayr aus Ingolstadt.

Bitte sehr aufmerksam die Untertitel verfolgen!

Die nächste Huldigung an den Rotwein. Gleiches Stück, gleicher Komponist, bitte auf die englischen Untertitel achten.

Was die Sopranistin singt, könnte auch in einem Violin- oder Oboenkonzert vorkommen, der Bariton durch Fagotti, Celli und Bratschen dargestellt werden.

Nach dem Rotwein der Kaffee, das Wiener Caféhaus.

Darin würden sich die Deutschen in ihrer Infantilität wiedererkennen, wären sie nicht größtenteils ein Haufen aufgeblasener und selbstgerechter Idioten, Gustav Mahlers *Das irdische Leben* (13:43) wo ein hungerndes Kind sich so lange vertrösten läßt, bis es schließlich tot ist.

Und wenn sie nicht gestorben sind, so warten die Deutschen heute noch auf bessere Zeiten, Aufschwung, Souveränität, Rechtsstaatlichkeit, Volksabstimmungen und eine Regierung, die ihre Interessen vertritt, nicht die von Besatzern und Ausland.

Wegen Mahlers wunderbarer Orchesterbehandlung, die im Gegensatz zu Brahms und Richard Strauss einen offenen Klang bevorzugt, an manchen Stellen ähnlich aufgefächert, um nicht zu sagen gesplittet wie bei Debussy. Den Duft aus Rückerts Gedicht finden wir als Duftigkeit in Mahlers Vertonung wieder.

Ich atmet' einen linden Duft!
Im Zimmer stand
Ein Zweig der Linde,
Ein Angebinde
Von lieber Hand.
Wie lieblich war der Lindenduft!

Wie lieblich ist der Lindenduft!
Das Lindenreis
Brachst du gelinde!
Ich atme leis
Im Duft der Linde
Der Liebe linden Duft.

Rauschhaftes von Richard Strauss, Don Juan.

Man meint den jünglingshaften, schwungvollen Optimismus zu spüren, wie er für das Deutsche Reich unter Kaiser Wilhelm II. so bezeichend war, ein Land, das sich jeden Tag gefreut hat, mit den Großmächten F und GB nach Jahrzehnten der Erniedrigung endlich auf Augenhöhe konkurrieren zu könnnen.

Mit einer an Louis-Ferdinand Célines tiefe Einsichten heranreichenden Intuition stellt das der Italo-Amerikaner Guido Giacomo Preparata in seinem genialen Wurf über Adolf und seine Finanziers dar.

Nochmal ein Strauss'scher Rausch, erweitert um nekrophile Perversion.

Beethovens Eroica mit historischen Instrumenten. Das Ergebnis ist wie so oft paradox: je reaktionärer das Vorgehen desto aggressiver und revolutionärer, was zustandekommt.

00:00 • Allegro con brio
15:54 • Marcia funebre: adagio assai
30:39 • Scherzo: allegro vivace
36:47 • Finale: allegro molto

La Chambre Philharmonique, Emmanuel Krivine

Nikolaus Harnoncourt sagt, diese Sinfonie habe eine politische Bedeutung. Der erste Satz stelle einen verzweifelten, gefangenen Menschen dar, der an seinen Ketten rüttelt, der letzte, in dem Beethoven französische Revolutionsmusik zitiert (*La liberté, la liberté*), den Jubel der Befreiung.

Gefühlsmäßig meine ich, Emmanuel Krivine beherzigt sehr genau Beethovens Tempovorschriften. Das gehört so schnell gespielt, nur so kommt das Aggressive, gegen Unterdrückung und, wie in der 7., Besatzerherrschaft Gerichtete heraus.

Beim Schlußsatz (21:48) könnte man sich vorstellen, das deutsche Volk stürmt den Reichstag und ...

00:00 • Allegro con brio
07:25 • Andante con moto
16:44 • Scherzo: allegro
21:48 • Allegro

Faszinierend, wie Beethoven auf einmal nicht mehr staatstragend-feierlich und pathetisch klingt, sondern abgespeckt, verjüngt und äußerst angriffslustig. Sehr schön zu beobachten anhand der 9., insbesondere des letzten Satzes, mit dem bekannten *Freude, schöner Götterfunken*.

Wenn man den Kern von Beethovens Absichten trifft, fallen kleine Pannen wie Hornkiekser, Intonationsschwächen (Streicher, Holzbläser) und wacklige Tempokoordination nicht sonderlich in's Gewicht.

Beethoven einmal weniger dramatisch, eher lyrisch, in seiner 6. Die flotteren Tempi und dass luftigere Klangbild machen sich in dieser Sinfonie vor allem im zweiten Satz, der Szene am Bach, sehr angenehm bemerkbar.

Zitat von freygeist

...die Mannheimer Rakete im ersten Satz, ...

Mir ist am Ende des ersten Finales von Le nozze di Figaro, kurz bevor der Vorhang fällt, eine Serie Mannheimer Raketen aufgefallen. Einer, der den Effekt des aufsteigenden Crescendos oft und gerne angewendet hat, war Gioacchino Rossini. Beethoven und Rossini nebeneinander als Mannheimer Feuerwerker hat etwas Ironisches,

Jeder Mensch sollte eine wenigstens ungefähre Vorstellung haben, was Europas Größe ausmacht. Die wenigsten werden imstande sein, Rom, Florenz, Venedig, Wien, Prag, St. Petersburg und Paris zu besuchen, hätten aber mit dem Internet eine großartige Möglichkeit, diesem Manko abzuhelfen.

Man müßte es nur entsprechend nutzen, etwa indem man wenigstens einmal im Leben eine Beethoven-Sinfonie aufmerksam von Anfang bis Ende anhört. Dann weiß man wenigstens, was das ist.

Als Einstieg eignet sich vielleicht die aufgeschlossene und in Teilen regelrecht musikantische 6. besonders gut, die wegen ihrer vom Komponisten selbst angegebenen Inhalte - Landleben, Szene am Bach, Gewitter und Sturm sowie Erleichterung nach dem Unwetter - ohne Probleme nachvollzogen werden kann.

Ob man anschließend wie ich zur Ansicht kommt, daß sich die komponierenden Klassiker Haydn, Mozart und Beethoven gegenüber Goethe und Schiller vor allem dadurch auszeichnen, daß sie im Sinne von gipsern und steifleinen so wenig klassisch sind, steht wieder auf einem anderen Blatt.

Der als schwierig und autoritär verrufene Emmanuel Krivine äußerst sich sehr anerkennend über so deutsche Künstler wie Dietrich Fischer-Dieskau und die Hitler-Musiker Walter Gieseking und Wilhelm Furtwängler. Letzteren bezeichnet er als *vornehme Seele* und übt - noch größere Überraschung - leise Kritik am Subjektivismus von Jascha Heifetz und Martha Argerich.

Das war eine Lektion, daß die Sache immer wichtiger ist als das Persönliche oder Volks- bzw. Religionszugehörigkeit.

Erst recht waren es mehrere Ohrfeigen, die der Jude Krivine antifaschistischen Arschlöchern wie Pittbull, Nasennachbar, Nathan, Beemaster, Riddick und Denkmal/Umvolker verpaßt hat.